Sachsen ist Nazihochburg

Der Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 ist für deutsche und viele europäische alte und neue Nazis das bedeutendste Szeneevent des Jahres. Für ihr „nationales“ Erlebnis mit dem anknüpfungsfähigen Thema „Deutsche Opfer des Zweiten Weltkriegs“ war Dresden bisher der perfekte Ort an dem Nazis ihre menschenverachtende Ideologie geeint, öffentlichkeitswirksam und lange Zeit ungehindert zelebrieren konnten. Über 10-15 Jahre hinweg, avancierte der sog. Trauermarsch mehr und mehr zum zentralen Bezugspunkt und schließlich zur größten, regelmäßigen Naziveranstaltung Europas. Begleitet von vermehrter Gewaltbereitschaft der Nazis, erreichte sie 2009 ihren Höhepunkt, als etwa 7000 Rechtsradikale dem Aufruf zum Großaufmarsch folgten. Im Februar 2010 wendete sich nun erstmals das Blatt: rund 12.000 couragierte und entschlossene Menschen aus Dresden und ganz Deutschland setzten sich zur Wehr und blockierten den Aufmarsch der örtlichen und angereisten Nazis – friedlich und bunt. Dennoch planten die NPD und die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) auch wieder für 2011 mehrere Aufzüge in Form eines Sternmarsches durch Sachsens Landeshauptstadt und auch 2012 wollten die Nazis wieder durch Dresden marschieren.

Dresden, Sachsen, Deutschland und die extremen Rechten – Das Problem geht uns alle an!

Dass organisierte Nazis und ihre SympathisantInnen alljährlich am 13. Februar in Dresden versuchen, die Geschichte zu verdrehen und die Opfer des Nationalsozialismus zu verhöhnen, kommt nicht von ungefähr. Die OrganisatorInnen der Naziaufmärsche, die NPD und die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO), sind lokal exzellent verankert. So weist Sachsen den stärksten NPD-Landesverband der Bundesrepublik auf, der seit 2004 im Sächsischen Landtag sowie in über 70 sächsischen Kommunalparlamenten vertreten ist. Zudem sorgten die sächsischen WählerInnen 2009 dafür, das Wahlergebnis der NPD auf Gemeindeebene gegenüber 2004 fast zu verdreifachen. Entgegen der Behauptung des ehem. sächsischen Ministerpräsidenten, Georg Milbradt (CDU), die Sachsen seien „immun gegen Rechtsextremismus“, gibt es, bezogen auf die Einwohnerzahl, in keinem anderen deutschen Bundesland mehr Neonazis als in Sachsen. Allein hier existieren ca. 40 freie Kameradschaften mit insgesamt 1800 Mitgliedern. Außerdem weist Sachsen die höchste Zahl rechts-motivierter Gewalttaten in Ostdeutschland auf. Bei durchschnittlich fünf Vorfällen pro Woche werden in Sachsen Menschen aus rechtsradikalen, rassistischen oder antisemitischen Motiven heraus beleidigt, angegriffen, zutiefst gedemütigt oder schwer verletzt. Dennoch ist das Problem rechtsradikaler Einstellungen und Gewalttaten keinesfalls nur auf Sachsen oder Ostdeutschland beschränkt. Rassismus, Fremdenhass und Nationalismus sind antidemokratische Phänomene, die bundesweit in allen gesellschaftlichen Gruppen, in allen Altersgruppen, bis in die Mitte der Gesellschaft hinein anzutreffen sind.  Am 13. Februar 2011 und 2012 schaute die Welt wieder für einen Moment auf Dresden und Deutschland. Auch wenn die Verhinderung eines Naziaufmarsches das dahinter stehende Problem nicht löst, stärkt sie den Zusammenhalt der demokratischen Zivilgesellschaft und wirkt zudem demoralisierend auf Nazis, die von der deutsch-europäischen Dauerpolitik- und Demokratieverdrossenheit versuchen zu profitieren. Doch das wichtigste Signal, das von einer erneuten erfolgreichen Blockade der Naziaufmärsche ausgehen wird, ist: rechtes Gedankengut ist weder in Dresden noch in anderen Städten willkommen! Bald könnte so Europas größter Naziaufmarsch endgültig Geschichte werden.